Gesundheit
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Rechtliche Grundlagen
Aus dem Behandlungsvertrag, d. h. aus jeder ärztlichen Tätigkeit in Bezug auf ein Kind, ergibt sich die Garantenpflicht für die Gesundheit des Kindes. Dies umfasst auch das kritische Hinterfragen von Erklärungen bei Verletzungen.
Das Bundeskinderschutzgesetz und besonders der § 4 KKG gilt für alle Ärztinnen und Ärzte.
Rechtlich verankerte (Kooperations-)Pflichten:
Nach § 4 KKG sollen sich die Ärztinnen und Ärzte an das Jugendamt wenden, wenn sie eine dringende Gefahr für das Wohl des Kindes oder der/des Jugendlichen sehen.
Möglichkeiten und Grenzen der Informationspflicht und –weitergabe in Kinderschutzfällen
Eine Ärztin oder ein Arzt darf normalerweise nur dann mit anderen über eine zu behandelnde Person sprechen, wenn diese das erlaubt hat (Schweigepflichtsentbindung). Bei Kindern sind dies zumeist die Sorgeberechtigten, die das erlauben müssen. Das Bundeskinderschutzgesetz erlaubt dies allerdings auch ohne eine Genehmigung, wenn die Gefährdung für das Kind nicht anders abzuwenden ist.
Gelingende Kooperationen
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In der Zusammenarbeit mit dem Jugendamt
Ziel und Zweck der Zusammenarbeit
Im Mittelpunkt des medizinischen Kinderschutzes steht immer die Sicherung des Wohls und der Gesundheit des Kindes bzw. der/des Jugendlichen. Dazu gehört auch die Einleitung von Hilfen, die das Gesundheitssystem nicht anbietet, wie z. B. eine pädagogische Unterstützung.
Rechtlicher Hintergrund
Das ist im Bundeskinderschutzgesetz geregelt.
Zusammenarbeitende Akteure
Die Ärztin bzw. der Arzt berichtet der/dem Mitarbeitenden des Jugendamtes über die vorliegenden Befunde, Erkenntnisse und Befürchtungen. Zudem kann die Ärztin bzw. der Arzt als kontaktaufnehmende Person den Familien die Inanspruchnahme von Hilfen erleichtern, die den Weg in Institutionen nicht selber finden oder dies aufgrund anderer Hürden meiden; zum Beispiel, weil sie mit den Verfahren nicht vertraut oder überfordert sind oder sich aus Schamgefühl davor scheuen.
Handlung oder Tätigkeit
Die Meldung der Ärztin bzw. des Arztes kann schriftlich erfolgen. Einfacher ist jedoch ein persönliches Gespräch.
Häufige Missverständnisse
Problematisch wird es immer dann, wenn die Beteiligten sich nicht richtig verstehen, also ihre jeweiligen Fachausdrücke verwenden, ohne zu prüfen, ob die anderen das auch nachvollziehen können. Hilfreich ist es auch, wenn alle bei ihrem Aufgabenfeld bleiben und nicht versuchen, den jeweils anderen deren Arbeit zu erklären. Erwartungshaltungen sollten klar formuliert werden. In einer konkreten Situation sollte vor allem auch die Fallverantwortung klar benannt werden, um zu vermeiden, dass es zu einer Verantwortungsdiffusion bei zu vielen Akteuren im Hilfssystem kommt.
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In der Zusammenarbeit mit anderen Akteuren aus Gesundheitsberufen
Ziel und Zweck der Zusammenarbeit
Ärztinnen und Ärzte kooperieren mit anderen Fachkolleginnen und -kollegen. Dabei geht es zumeist um die Frage, ob eine bestimmte Verletzung durch ein geschildertes Ereignis verursacht worden sein kann oder nicht. Zur Unterstützung dieser Plausibilitätsprüfung wird in NRW vom Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales das Kompetenzzentrum Kinderschutz im Gesundheitswesen NRW (KKG) gefördert. Da hier die Beratung bezüglich der Patientendaten anonymisiert ist, bestehen keine datenschutzrechtlichen Probleme; ansonsten gibt es entweder Verträge zwischen den Einrichtungen oder es ergibt sich aus der Zugehörigkeit des Institutes eine bestimmte Zuständigkeit (z. B. rechtsmedizinische Institute an den Universitätsklinika). Durch das KKG NRW können alle Akteurinnen und Akteure im Gesundheitswesen in Bezug auf den medizinischen Kinderschutz beraten werden. Die Beratung erfolgt telefonisch, evtl. mit konsiliarischer Mitbeurteilung der Befunde (online-Konsilsystem). Sollte eine rechtsmedizinische Untersuchung vor Ort erforderlich sein, kann dies über die lokal zuständige Rechtsmedizin erfolgen. Rechtsmedizinische Gutachten werden ebenfalls (zumeist durch Polizei, Staatsanwaltschaft oder Gerichte) dort beauftragt.
Rechtlicher Hintergrund
Der interkollegiale Austausch innerhalb der Ärzteschaft bei Kindeswohlgefährdung ist in § 32 Nr. 1 HeilBerG NRW geregelt.
Zusammenarbeitende Akteure
Ärztinnen und Ärzte besprechen sich untereinander; durch das KKG NRW können alle Akteurinnen und Akteure des Gesundheitswesens beraten werden, nicht nur die Ärzteschaft.
Handlung oder Tätigkeit
Zu den Tätigkeiten zählt die telefonische Beratung, seltener eine Beratung vor Ort, evtl. mit konsiliarischer Untersuchung des Kindes.
Häufige Missverständnisse
Fragen zum Rollenverständnis und den Zuständigkeiten („Wer macht wann was?“) können zu Missverständnissen führen. Daher ist eine klare und unmissverständliche Kommunikation unerlässlich.
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In der Zusammenarbeit mit der Justiz
Ziel und Zweck der Zusammenarbeit
Es gibt selten eine direkte Zusammenarbeit zwischen Kinder- und Jugendärztinnen und -ärzten oder der Ärzteschaft anderer Fachrichtungen und der Justiz.
Rechtlicher Hintergrund
Das Gericht benötigt eine medizinische Stellungnahme zur Gesundheit eines bestimmten Kindes oder über eine Verletzung. Entweder liegt eine Schweigepflichtsentbindung vor oder die Ärztin bzw. der Arzt kann seine Schweigepflicht zum Wohle des Kindes (Rechtsgüterabwägung) brechen. Die Ärztin bzw. der Arzt kann gerade bei akuten Fällen auch eine wichtige Zeugenfunktion haben.
Zusammenarbeitende Akteure
Die Ärztin bzw. der Arzt arbeitet mit dem Gericht, meist mit der vorsitzenden Richterschaft, zusammen. Bei familiengerichtlichen Fällen kann die Zusammenarbeit auch mit einer oder einem begutachtenden Sachverständigen zu bestimmten Fragestellungen erforderlich werden.
Handlung oder Tätigkeit
Das Gericht fordert eine schriftliche Stellungnahme bei der behandelnden Ärztin bzw. dem behandelnden Arzt an.
Häufige Missverständnisse
Wenn die Ärztin bzw. der Arzt zu viele Fachausdrücke benutzt und das Gericht den Inhalt nicht rechtssicher versteht, kann es zu Fehlentscheidungen kommen. Umgekehrt verfügt das ärztliche Fachpersonal aus der eigenen Beobachtung häufig über wichtige Informationen für das gerichtliche Strafverfahren, welche ggf. aus medizinischer Sicht, z. B. für die Behandlung des Kindes, nicht relevant sind (auffällige Äußerungen/Interaktionen).
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In der Zusammenarbeit mit der Polizei
Ziel und Zweck der Zusammenarbeit
Es gibt selten eine direkte Zusammenarbeit zwischen Kinder- und Jugendärztinnen und -ärzten oder der Ärzteschaft anderer Fachrichtungen und der Polizei. Im Setting von Notfallambulanzen oder auch stationären Eskalationen mit aggressiven Personen benötigt das Krankenhaus die Polizei zur Unterstützung bei der Gefahrenabwehr und Durchsetzung von Hausverboten.
Rechtlicher Hintergrund
Die Polizei möchte, dass die Ärztin bzw. der Arzt das Kind untersucht – evtl. auch im Auftrag der Staatsanwaltschaft – zur Einleitung und Durchführung eines Strafverfahrens. Oder die Ärztin bzw. der Arzt erstattet Anzeige wegen des Verdachtes auf eine Kindesmisshandlung.
Zusammenarbeitende Akteure
Die Ärztin bzw. der Arzt arbeitet mit der zuständigen Polizeikraft zusammen. Der Kontakt ist fallbezogen und kurz.
Handlung oder Tätigkeit
Die Zusammenarbeit erfolgt telefonisch oder schriftlich, wenn das Kind in der Klinik oder Praxis vorgestellt wird, insbesondere bei akuten Fällen, auch persönlich.
Häufige Missverständnisse
Wenn die Ärztin bzw. der Arzt zu viele Fachausdrücke benutzt und die Polizei den Inhalt nicht richtig versteht, kann es zu Fehlentscheidungen kommen. Auch falsche Vorstellungen des gegenseitigen Arbeitsbereiches können zu Fehlern in den Abläufen führen, z. B. das herrschende Vorurteil, die Polizei würde ein Kind in Obhut nehmen.